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Kontrollerlebnisse: Tierhaltung im Hochsommer

Andreas Müller, bio.inspecta AG

Nachdem sich der Sommer 24 als Spätentschlossener doch noch von seiner namensgebenden Seite zeigt, werden die Vorgaben der Tierschutzverordnung für Hitzetage aktuell. Eine regelkonforme und professionell fürsorgliche Tierpflege im Hochsommer steigert das Wohlbefinden der Tiere und somit auch direkt und unverzüglich ihre Leistungsfähigkeit. Das genetische Potenzial kann erst dadurch auch abgerufen werden.

Grossmehrheitlich wurde die Tierhaltung auf den Biobetrieben vorbildlich an die veränderte Ausgangslage angepasst. Die Kontrollgänge der letzten Wochen haben aber auch gezeigt, dass da und dort noch Wissenslücken geschlossen werden sollten.

Untenstehende Zeilen sollen dabei helfen, an wichtige Vorgaben der Tierschutzgesetzgebung zu erinnern. In erster Linie, um die gute Befindlichkeit Ihrer Tiere sicherzustellen. Zusätzlich aber auch um empfindliche Direktzahlungskürzungen sowie in Extremfällen eine Strafanzeige zu verhindern.

Grundsätzlich wird zwischen der dauernden Haltung im Freien während 24 Stunden und Haltungsformen mit Weidegang, aber täglicher Einstallung, unterschieden.

Dauernde Haltung im Freien
Bei der dauernden Haltung im Freien muss den Tieren bei extremer Witterung (Hitze in Verbindung mit starker Sonneneinstrahlung) ein geeigneter natürlicher oder künstlicher Witterungsschutz zur Verfügung stehen. Dieser muss allen Tieren gleichzeitig Schutz vor den hochsommerlichen Verhältnissen gewähren sowie die Möglichkeit, trocken zu liegen, anbieten. Der Liegebereich darf also nicht morastig sein.

Der Gesundheitszustand der Tiere muss mindestens täglich überprüft werden. In Zeiten anstehender Geburten wird dieser Kontrollgang zweimal täglich gefordert. Es muss jederzeit sauberes Trinkwasser und genügend Futter zur Verfügung stehen.

Das Wollvlies der Schafe muss eine den Witterungsverhältnissen angepasste Dicke aufweisen.

Freilandschweinen muss eine Liegehütte zum Schutz vor extremer Witterung angeboten werden. Ab einer Temperatur von über 25°C (im Schatten) braucht es ein Schattenplatz ausserhalb der Liegehütte und eine Suhle als Abkühlungsmöglichkeit.

Weidehaltung mit Einstallung
Für die Weidehaltung mit täglicher Einstallung sind die Vorgaben für den Schutz der Tiere vor der Sommerhitze nicht im gleichen Mass verbindlich beschrieben. Gesunder Menschenverstand und bäuerliches Fürsorgebedürfnis sollten die Vorgaben aber auch in dieser Tierhaltungsform als Selbstverständlichkeit auffassen.

Aber auch für Tiere welche täglich eingestallt werden oder dies ohnehin sind, gibt es verbindliche Vorgaben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit weist dieser Artikel auf einige Vorgaben hin, welche teilweise zu Mängeln anlässlich der Kontrollgänge an den zurückliegenden Hitzetagen geführt haben.

  • Wasserbüffel und Yaks müssen ab Temperaturen über 25°C jederzeit Zugang zu Schatten und Wasser haben. Zur Abkühlung muss den Tieren ein Bad, eine Suhle oder eine Dusche (ja Dusche) angeboten werden.
  • Frisch geschorene Schafe können einen Sonnenbrand erleiden. Diese Bedrohung muss durch einen Schattenplatz eliminiert werden. Der Platz muss gleichzeitig allen Tieren Schutz bieten.
  • Schweine können als Folge fehlender Schweissdrüsen ihre Körpertemperatur nicht durch Schwitzen regulieren. Deshalb fordert Bio Suisse für die Schweine in Stallhaltung ab 25°C Aussentemperatur eine Abkühlungsmöglichkeit sowie Schattenplätze im Aussenbereich.
Um eine artgerechte und regelkonforme Tierhaltung zu betreiben, lohnt es sich in jedem Fall, die Tierschutzkontrollhandbücher der eigenen Tiergattungen sorgfältig durchzulesen. Diese können beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) heruntergeladen werden.

Tierschutzverstösse: schmerzhaft und teuer
Verstösse gegen den Tierschutz sind schmerzhaft für die Tiere und teuer für die Landwirtin oder den Landwirt. Die Konsequenzen bei einem Tierschutzverstoss sind teilweise beträchtlich.

Hier folgt ein Beispiel (Angabe ohne Gewähr): Eine Mutterkuhherde mit 20 Kühen (20 GVE) und 20 Kälbern über 4 Monaten (6.6 GVE), welche nicht eingestallt wird, befindet sich an einem Hitzenachmittag ohne ausreichenden Schattenplatz für alle Tiere gleichzeitig auf einer Weide. Wird dieser Mangel auf einer Kontrolle erfasst, bedeutet dies eine minimale Sanktionierung von 2660 Franken.

Für diese Summe lassen sich zahlreiche Schutzmassnahmen gegen Hitze und Sonneneinstrahlung umsetzen. Es ist in jedem Fall deutlich besser investiertes Kapital.

Erschienen auf www.bioaktuell.ch