
Nicht biologische Tiere und Futtermittel bleiben Ausnahmen
Die Bearbeitung der Gesuche für einen ausserordentlichen Zukauf von nicht biologischen Tieren und Futter stellen eine konstante Aufgabe und Herausforderung dar.

Andreas Müller, bio.inspecta AG
Die Bearbeitung der Gesuche für einen ausserordentlichen Zukauf von nicht biologischen Tieren und Futter stellen eine konstante Aufgabe und Herausforderung dar. Nicht selten lösen diese Eingaben kontroverse Debatten zwischen den Betroffenen aus. Dabei ist die Ausgangslage grundsätzlich klar geregelt.
Bei der Bewilligung dieser Gesuche sind die Kontroll- und Zertifizierungsstellen strikt an die Vorgaben des Kriterienkataloges zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen für Produzentinnen und Produzenten gebunden.
Die korrekte Bearbeitung dieser Gesuche wird regelmässig durch das BLW und die Labelorganisationen überprüft. Dadurch wird zusätzlich sichergestellt, dass die Bewilligungen konform und homogen ausgestellt werden.
In jedem Fall soll der Zukauf von nicht biologischen Tieren und ebensolchem Futter eine Ausnahme darstellen, welche die Regel bestätigt. Als Geschäftsmodell ist diese Strategie nicht statthaft und deshalb auch nicht tauglich.
Futtermittelreserven lassen von höheren Tierbeständen träumen
Klar erkennbar ist die Tendenz, dass in Zeiten von guten Futtermittelernten die Gesuche um Zukauf nicht biologischer Tiere in erhöhtem Mass bei bio.inspecta (Kontroll- und Zertifizierungsstelle) eintreffen.
Das Erntejahr 2024 wurde als Folge regelmässiger Niederschläge vielerorts als gutes Futterjahr beschrieben. Wenn die Futterspeicher prall gefüllt sind, stellt die Aufstockung des Tierbestandes auf den Schweizer Biobetrieben oftmals einen zentralen Gegenstand der Überlegungen dar.
Es wird den Mitarbeitenden von bio.inspecta immer wieder zugetragen, dass das Angebot an Biotieren nicht vorhanden oder sowohl quantitativ wie auch qualitativ als ungenügend wahrgenommen wird. Nur ein fehlendes Angebot an Biotieren ermöglicht uns, ein Gesuch für den Zukauf nicht biologischer Tiere zu bewilligen.
Dies ist die Grundvoraussetzung schlechthin. Denn sowohl die Bioverordnung wie auch die Richtlinien der Labelorganisationen erklären den Grundsatz «auf einem Biobetrieb müssen Biotiere zugekauft werden» zur Pflicht. Möglicherweise müssten die Gründe, weshalb gemäss Aussagen der Produzentinnen und Produzenten der Markt der Biozuchttiere unbefriedigend ist, in einer prominent zusammengesetzten Runde einer Ursachenanalyse unterzogen werden.
Anforderungen für ein Gesuch um Zukauf nicht biologischer Tiere
Wie erwähnt steht an oberster Stelle ein fehlendes Angebot an biologischen Zuchttieren. Stehen diese zur Verfügung, ist das Ausstellen einer Bewilligung nicht möglich.
Die weiteren, abschliessenden Kriterien werden im Kriterienkatalog zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen aufgezählt. Dieser stellt einen Bestandteil des Bioregelwerks dar.
Der Zukauf von Zuchttieren im Umfang von maximal 40 Prozent des Bestandes an ausgewachsenen Tieren darf bewilligt werden, wenn eines der untenstehenden Kriterien erfüllt ist:
- Erhebliche Ausweitung der Haltung der Haltung (um mindestens 20 Prozent)
- Rassenumstellung
- Aufbau eines neuen Produktionszweiges der Tierhaltung
- Gefahr, dass eine bestimmte Rasse der Landwirtschaft verloren geht (ProSpecieRara-Rassen)
Der Zukauf von nicht biologischem Geflügel kann durch die Zertifizierungsstellen nicht bewilligt werden. Entsprechende Gesuche müssen an die Labelorganisationen gerichtet werden.
Hornlosigkeit stellt kein Kriterium dar. Diese Tatsache löst regelmässig auf Unverständnis der Tierhalterinnen bei abgelehnten Gesuchen. Diese sollten nicht persönlich aufgefasst werden.
Der Zukauf von männlichen Zuchttieren, Hobbytieren, Ersatzkälbern in der Mutter- und Ammenkuhhaltung (Meldung an die Zertifizierungsstelle) sowie von Jungtieren von ProSpecieRara-Rassen ist nicht bewilligungspflichtig. Letztere können im Umfang von 10 Prozent (Bestand ausgewachsene Tiere) nach Absprache mit der Zertifizierungsstelle zugekauft werden.
Aus den Erfahrungen der Kontrolltätigkeiten erteilt bio.inspecta den Rat, vor der Aufstockung des Tierbestandes Überlegungen über das Anlegen von Futtermittelreserven anzustellen.
Wenn die Futtermittelreserven nicht ausreichen
Erntejahre mit unzureichenden Futtermittelernten, welche als Folge der veränderten klimatischen Bedingungen in immer kürzeren Intervallen auftreten, lösen auf den Biobetrieben Sorgen und Nöte aus. Als logische Konsequenz treffen in solchen Notlagen Gesuche um ausserordentliche Grundfutterkäufe bei den Zertifizierungsstellen ein.
Es können nur Ernteverluste bewilligt werden. Ein reiner Grünlandbetrieb wird also keinen Zukauf von nicht Schweizer Knospe Silomais erhalten. Ganz grundsätzlich kann der Zukauf von Futter aus nicht biologischen Ackerkulturen nicht bewilligt werden.
Wenn ein Angebot von Schweizer Knospe Grundfutter besteht (Biomondo, Raufutterverband etc.) können keine Gesuche bewilligt werden. Falls ein solches fehlt, kann unter folgenden Kriterien eine Bewilligung erteilt werden:
- Ernteverlust durch aussergewöhnliche Witterungsverhältnisse (Trockenheit, Nässe)
- Ernteverlust durch höhere Gewalt (Überschwemmung, Murgang etc.)
- Ernteverlust durch Schädlingsplage
- Verlust der Vorräte durch Brand oder anderes Ereignis
Am 7. Februar 2025 erschienen auf bioaktuell.ch